Wie lange braucht der Mensch, um sich ein Trauma „einzufangen“? Wenn man diese Frage stellt, liegt die Antwort bei den allermeisten Menschen etwa im Bereich von 30 Sekunden. Stellt sich also die nächste Frage, wieso sollte es dann logisch sein, dass eine Therapie (oder allgemein Intervention) zum Auflösen eines Traumas, sich über Jahre hinzieht? Darf etwas, was nur Sekunden zur Manifestation braucht, nicht auch ebenso schnell wieder aufgelöst werden? Und wie geht ein Mensch mit gesteigerter Resilienz aus einem Trauma hervor?
Erste-Hilfe im (psychischen) Krisenfall nach Dr. Richard Bolstadt
Der Neuseeländer Dr. Richard Bolstadt bildet weltweit Erst-Helfer darin aus, Menschen in Krisengebieten (etwa nach schlimmen Naturkatastrophen) schnell „psychische Erste-Hilfe“ leisten zu können. Dabei brauchen seine Methoden zur Durchführung gerade einmal rund 15 Minuten, um bei den Betroffenen hilfreiche Erfolge zu ermöglichen.
Schaffung von Resilienz
Wer auf eine Katastrophe mit einem resilienten Denkmuster reagieren kann, hat mit Sicherheit viel gewonnen. Zwar fühlen sich diese Menschen auch eine Weile lang schlecht, dennoch schaffen sie es, gut zu schlafen, sich gesund zu ernähren und Pläne für die Zukunft zu schmieden. Doch natürlich reagieren nicht alle Menschen im Krisenfall mit diesem Muster. Doch die Schaffung von Resilienz ist letztendlich das Ziel der Methoden, die Dr. Bolstadt lehrt und aus der eigenen Erfahrung heraus kann ich sagen, es funktioniert.
Was heißt hier eigentlich „Katastrophe“ oder „Traumata“?
Möglicherweise ist beim Lesen der ersten Abschnitte schon die Frage aufgekommen: „Was hat das mit mir zu tun?“ Schwere Naturkatastrophen, wie Erdbeben, Tsunamis oder Vulkanausbrüche, kommen bei uns ja eher selten vor. Auch leben wir zum Glück nicht in einem Kriegsgebiet.
Doch sollten unter den Begriffen Trauma oder Katastrophe auch nicht nur Ereignisse verstanden werden, die so eine Größenordnung haben. Denn jedes vermeintlich vergangene Ereignis, das mir heute in der Gegenwart immer noch Probleme bereitet, stellt – im weitesten Sinne – ein nicht verarbeitetes Trauma dar. Alles, was mich in der Bewältigung meines Alltages auf irgendeine Art und Weise einschränkt, mich beim Lernen blockiert oder meine Entwicklung hemmt, lohnt sich doch „verarbeitet“ zu werden. Dabei können diese Blockaden sich auch als mehr oder weniger klare Ängste zeigen, Stress oder gar körperliche Symptome, für die es medizinisch erst einmal keine Erklärung gibt.
Verarbeitung über die Integration von Augenbewegungsmustern
Die Augenbewegungsmuster im NLP
Eine der Methoden, die Dr. Bolstadt lehrt, ist die Möglichkeit, bisher unverarbeitete, belastende Erlebnisse über Augenbewegungsmuster zu integrieren.
Im NLP ist die Erkenntnis, dass bestimmte Augenbewegungen mit spezifischen Vorgängen im Gehirn verknüpft sind, eine sehr zentrale Angelegenheit und wird unter anderem auch diagnostisch genutzt.
Insbesondere diejenigen, die bisher noch nichts von den Augenbewegungsmustern gehört haben, sind eingeladen, bei den folgenden Fragen bzw. Anweisungen einmal ganz genau auf die Blickrichtung der eigenen Augen zu achten:
- Welche Farbe hat der Himmel bei bestem Wetter?
- Verändere die Farbe des Himmels bei bestem Wetter in ein dunkles Rot.
- summe dein Lieblingslied
- sei ein kreativer Komponist und denke dir eine neue Melodie aus
- Frage dich: „Was wünsche ich mir zu Weihnachten?“
- Wie fühlt sich dein kleiner linker Zeh an?
Sofern die Selbstbeobachtung in allen Fällen gut geklappt hat – denn manchmal kommt es auch nur zu einem kurzen Zucken – sollten die Augen (zumindest bei 95 % der Menschen) in folgende Richtungen geschaut haben:
- oben links (visuelle Erinnerung)
- oben rechts (visuelle Konstruktion)
- mittig links (auditive Erinnerung)
- mittig rechts (auditive Konstruktion)
- unten links (innere Dialog)
- unten rechts (Kinästhetik/Körpergefühl)
Trauma über Augenbewegungsmustern verarbeiten und Resilienz steigern
Die optimale Verarbeitung eines Ereignisses geschieht im Normalfall mit allen Sinnen. Sich an einen schönen Moment im letzten Urlaub zu erinnern, ist sicherlich leicht:
Es ist klar, wie es ausgesehen hat, was es genau zu hören, was es zu riechen und zu schmecken gab und wie sich der Körper angefühlt hat. Zudem ist es auch ein Leichtes, sich, ausgehend von dieser Erinnerung, vorzustellen, einen Urlaub in dieser Form zu wiederholen.
Bei einem belastenden Ereignis ist das Abrufen aller Einzelheiten – aus einem natürlichen Selbstschutz des Körpers heraus – nicht ohne weiteres möglich, zumindest nicht ohne eine starke körperliche Belastung zu erleben. Dabei muss man natürlich – rein logisch betrachtet – feststellen, dass das Ereignis vorbei ist, es überlebt worden ist, aber dennoch die große Macht besitzt, negative Gefühle auszulösen oder gar den Alltag zu „beherrschen“.
Belastendes Erlebnis integrieren, damit neutralisieren und Lebensqualität zurückgewinnen
Abhilfe schafft bei unverarbeiteten und bis heute belastenden Ereignissen die Integration über alle Sinneskanäle unter Zuhilfenahme der Augenbewegungsmuster. Indem der Klient mit seinen Augen den Fingern des Coaches folgt, werden im Gehirn neue Verbindungen geknüpft, die die Verarbeitung möglich machen.
Dabei geht es nicht darum, eine Löschung der Erinnerung zu erreichen, sondern dieser „den Schrecken zu nehmen“. Denn letztendlich ist das Ereignis selbst nicht das Problem, sondern die Art und Weise wie wir das Ereignis bewerten und welche Bedeutung wir ihm zu schreiben.
Am Ende des Prozesses stellt sich, beim Gedanken an das belastende Ereignis, ein neutrales Körperempfinden oder gar eine tiefe innere Ruhe ein. Dies gewinnt längst verlorengeglaubte Lebensqualität zurück, die den Alltag erleichtert, das Lernen wieder möglich macht und neue Perspektiven und Zielsetzungen eröffnet.