Sichere Rechtschreibung – Warum ist eine visuelle Rechtschreibstrategie sinnvoll?

„Hör genau hin, dann weißt du auch, wie das Wort geschrieben wird…“, solche Anweisungen – zum Beispiel von Lehrern oder Eltern – sind nicht gerade förderlich für eine gute Rechtschreibung. Übers Hören erfahre ich immer nur bedingt, wie ein Wort richtig geschrieben wird „Fähler“, „Fehler“, „Fehla“ oder auch „Feler“? Alle vier Varianten wären nur durchs Hören denkbar.

Die Schwierigkeit bei der auditiven Strategie: Phonem und Graphem Zuordnung in der deutschen Sprache

Um die Tücken einer auditiven Rechtschreibstrategie besser verstehen zu können, kommt hier eine kurze Erläuterung zum Thema Phonem und Graphem:

  • Phonem ist die Bezeichnung für einen Sprachlaut, also zum Beispiel den „Klang“ eines bestimmten Buchstabens
  • Graphem bezeichnet die grafischen Unterschiede eines Buchstabens oder einer Einheit von Buchstaben

So stellen /p/ und /b/ ähnliche klingende Phoneme dar, allerdings sind p und b natürlich unterschiedliche Buchstaben, also Grapheme. Das Beispiel zeigt bereits, die Zuordnung zwischen Phonem, also dem Klang, und dem Graphem, dem Buchstabenbild ist in der deutschen Sprache oftmals nicht eindeutig.

Eine auditive Rechtschreibstrategie führt leicht zu mehreren Wort-Varianten.
Viele Wort-Varianten gehört – (zu) viel gelernt

Wenn ich nun auditiv Schreiben lerne und so mitunter verschiedene Varianten von Wörtern aufs Papier bringe – sowohl richtig geschriebene, als auch dem Duden nach falsch geschriebene – präge ich mir leicht und schnell gleich mehrere verschiedene Varianten eines Wortes ein. Mit anderen Worten: Ich habe an dieser Stelle schon mehr gelernt, als notwendig gewesen wäre.

Doch nun habe ich das Problem, dass ich jedes Mal beim Schreiben von neuem überlegen muss, welche der Varianten denn wohl die Richtige ist.

Wort-Varianten richtig sortieren…
Visuelle Rechtschreibstrategie: Vorteile und der Umgang mit Mehrfachspeicherungen

Menschen, die gut in Rechtschreibung sind, sehen ein eindeutiges inneres Bild des richtig geschriebenen Wortes und wissen so mit Sicherheit, wie das Wort korrekt zu schreiben ist. Der Vorteil liegt hier auf der Hand, sie können das Wort einfach vom inneren Bild – sozusagen aus dem eigenen inneren Wörterbuch abschreiben – langes überlegen, welche Variante richtig ist oder gar mehrfaches vorsagen des Wortes entfallen.

Was tun, wenn ich bereits mehrere Varianten von einem Wort im Kopf habe? Wichtig ist, es gibt kein unnützes Wissen bzw. kein Wissen, das nicht wertgeschätzt werden darf und sollte. Wer innerlich mehrere Varianten eines Wortes sieht, sollte zunächst einmal nachschauen, wie das Wort korrekt geschrieben wird – da empfiehlt sich zum Beispiel der Griff zum Duden – das geht natürlich auch online am Handy. Anschließend hebe ich die richtige Variante im inneren Bild so hervor, dass ich sicher spüre, dass dies die richtige Variante ist. Dieses Wort darf dann im „inneren Wörterbuch“ abgelegt werden.

Andere Varianten von Wörtern sollten dann allerdings unbedingt auch ihren Platz bekommen, das kann zum Beispiel in einem „inneren Kreativ-Wörterbuch“ geschehen. Denn wer weiß denn schon, ob diese Fantasiewörter nicht irgendwann mal zu etwas nützlich sein werden – z.B. bei der nächsten Rechtschreibreform.

Richtig schreiben dank innerem Wörterbuch!
Was sagt die Forschung über die visuelle Rechtschreibstrategie?

Zum Abschluss noch das Ergebnis einer Studie, die an der Universität von Utah zur visuellen Rechtschreibstrategie durchgeführt worden ist (die Ergebnisse stammen aus dem Buch „NLP&Rechtschreibtherapie – Praxishilfe für Unterricht und Therapie*” von Klaus H. Schick, 2004):

Aufbau der Studie: Drei Gruppen mit jeweils durchschnittlicher Rechtschreibleistung

  • 1. Gruppe: Vermittlung der NLP-Strategie/visuellen Rechtschreibstrategie
  • 2. Gruppe: auditive Regel-Lernstrategie
  • 3. Gruppe: Kontrollgruppe, keine Strategievermittlung

Ergebnis der Studie

  • 1. Gruppe: Leistungsverbesserung von 20-25% (Generalisierung der Strategie bei vorher unbekannten Wörtern wurde festgestellt)
  • 2. Gruppe: Leistungsverbesserung ~15% (Rückfallquote bei mehr als 5%)
  • 3. Gruppe: keine Verbesserung
Vergleich der Anzahl der Fehler je nach Gruppe, Studie der Universität von Utah

Zusammenfassung der Studienergebnisse

Im Vergleich zu den beiden den Gruppen 2 und 3 machte Gruppe 1, die darin trainiert wurde, Wörter als innere Bilder zu sehen, direkt nach dem Training deutlich weniger Fehler.

Damit nicht genug: Die bessere Rechtschreibung blieb auch noch eine Woche später bei den trainierten Wörtern erhalten.

Das Beste an der visuellen Strategie ist jedoch, dass die Gruppe der Visualisierer auch insgesamt besser in Rechtschreibung war. Sie hatte also nicht nur die Lernwörter besser behalten, sondern auch gelernt, dass Visualisieren grundsätzlich hilfreich bei Rechtschreibung ist und sie hat diese Strategie anscheinend auch schon auf bisher nicht „offiziell“ trainierte Wörter angewendet.

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